Die Scarlett-Serie von Focusrite enthält verschiedene USB-Audiointerfaces zum Budget-Preis, darunter das Scarlett Solo und das Scarlett 2i2. Seit ihrer Geburtsstunde vor über 12 Jahren kommen die unverkennbar roten Kästen nun schon in der vierten Generation auf den Markt. In diesem Testbericht werfen wir den Blick auf das größte Interface der Serie, das Focusrite Scarlett 4i4 4th Gen – und fragen auch, was es besser kann als seine Schwestern. Vier Eingänge, sechs Ausgänge – let‘s go!
Checkliste zum Kauf von Focusrite Scarlett 4i4 4th Gen Test
- 4-In/6-Out USB-2 Audiointerface
- mit USB-C Anschluss, Class-Compliant & Bus-Powered
- zwei Preamps mit 69 dB Gain, Auto-Level, Safe und zweifachen AIR
- getrennt adressierbarer Kopfhörerausgang mit Direct-Monitoring
- Halos um Regler für die Anzeige von Signalpegel
DETAILS
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Familien-Aufstellung
Das Focusrite Scarlett 4i4 4th Gen ist ein noch recht handliches Audiointerface mit USB-C-Anschluss. Es beherbergt vier analoge Eingänge, einen Loopback-Eingang und sechs analoge Ausgänge – 6 Ins, 6 Outs, und das alles frei mischbar mit der DSP-Software.
Zwei Preamps, ein Kopfhörerausgang und ein regelbarer Main-Ausgang mit großem Lautstärkeregler kommen hinzu. Aktive Studiomonitore lassen sich hier also ohne Umwege direkt anschließen.
Schick, schick
Gefertigt wird die Serie in China, die Verarbeitung ist sehr solide und vermittelt einen noch besseren Eindruck als die MK3 Vorgängerserie. Das Layout der Bedienelemente fällt übersichtlich aus, wodurch gerade Einsteiger weniger verwirrt sind.
Besonders gut haben mir die LED-Halos um die Regler herum gefallen: Sie leuchten nämlich den Pegelinformationen entsprechend im Uhrzeigersinn auf. Die Halos blinken außerdem auffällig rot, wenn es clipped – bei Auto-Level strahlen sie in Blau. Beschriftungen sind weiß hinterleuchtet und wechseln ihre Farbe bei entsprechender Aktivierung über die Taster darunter.
Alle 4th Gen Scarletts unterstützen USB-2 mit Auflösungen von bis zu 192 kHz und 24 Bit. Verbunden wird sich selbstredend und unkompliziert “class-compliant“ sowie bus-powered. Alle Scarletts funktionieren daher mit Mac- und Windows-Computern sowie mit iPad und Co.
Wichtige Unterschiede
Neben dem „tatsächlichen“ USB-Anschluss gibt es eine weitere „Power Only“-Buchse. Das 4i4 bringt auch das passende USB-Netzteil mit, während die anderen Units ohne auskommen. Falls euer (alter) Computer nicht genug USB-Strom liefern kann oder ihr ein iOS Produkt via Camera-Connection-Kit verwendet: Hier werden sie geholfen. Neue USB-C-Geräte von Apple braucht das CC-Kit übrigens nicht mehr.
Das Scarlett 4i4 4th Gen fällt 1,5 cm höher und tiefer als das Scarlett 2i2 aus und wiegt dabei etwa 250 g schwerer. Es toppt das 2i2 dafür aber auch mit einem Stereo-Line I/O mehr und einem zusätzlichen, getrennt adressierbaren Kopfhörer – damit erlaubt allein das 4i4 so ein umfangreiches Direct-Monitoring mit drei Stereo-Ausgängen. Ach, und den praktischen DIN-MIDI-Anschluss gibt es ebenfalls nur hier am 4i4.
Big Boss 4i4
Damit stellt sich das Focusrite Scarlett 4i4 deutlich über die von uns bereits getesteten Scarlett Solo und das Scarlett 2i2. Mit einem Straßenpreis von 279 Euro ist das 4i4 vergleichsweise außerdem nur geringfügig teurer als das 2i2, das ihr für 199 Euro bekommt. Das Solo gibt es für 139 Euro.
Studiopakete mit dem Scarlett Solo und dem Scarlett 2i2 gibt’s ebenfalls. Dabei landen sogar ein passendes Großmembran-Mikrofon, Studiokopfhörer von Focusrite und notwendige Kabel im Karton. Größere Varianten wie das „alte“ MK3 Scarlett 8i6 und das Scarlett 18i8 sind aktuell nicht in Sichtweite.
Zwei identische Preamps, mehr I/Os
Schauen wir uns die verfügbaren Schnittstellen einmal genauer an: Zum einen hat das 4i4 mehr Line-I/Os als sein Name suggeriert, zum anderen bringt es aber auch nur zwei Preamps mit – so wie das 2i2. So kann man mit dem 4i4 zwar maximal zwei Mikrofone gleichzeitig aufnehmen – das dafür aber immerhin mit stolzen max. 69 dB Gain, was nicht nur für diese Preisklasse bemerkenswert ist.
Was in dieser Preisklasse ebenfalls nicht zum Standard gehört, sind die Impedanz-Anpassung für Mic-, Instrument- und Line-Level in den Preamps und die individuell regelbare Phantomspannung. Die „AIR-Schaltung“ und die beiden Hilfsfunktionen Safe und Auto zum Einpegeln kann man sogar als etwas echt Besonderes betrachten. Das Scarlett Solo hingegen hat nur einen Preamp, weniger Halos und kennt weder eine Safe- noch eine Auto-Funktion – außerdem regelt es den Gain per Poti und nicht per Encoder wie hier.
Rein: zwei Combos & einmal Stereo-Line
Der nächste, gravierende Unterschied ist, dass nur das 4i4 über Combo-Buchsen verfügt, die vorne sowohl XLR als auch TRS-Stecker aka „große Klinke“ akzeptieren. Die anderen Interfaces von Focusrite haben getrennte Buchsen, was euch das Umstecken eventuell erspart und auf dem Schreibtisch aufgeräumter wirkt. Was davon nun „besser“ ist, ist Geschmackssache.
Ausgangsseitig hat das 4i4 ebenfalls mehr zu bieten. Es gibt vier Line-Outs auf der Rückseite statt nur einem L/R-Main. Außerdem könnt ihr den Kopfhörerausgang individuell adressieren – und nicht nur im Pegel getrennt regeln. Sowohl beim 2i2 als auch beim Solo ist auf den Boxen und dem Kopfhörer hingegen immer nur dasselbe zu hören.
Einen Toggle für ein zweites Paar Speaker oder die Möglichkeit Ausgang 3/4 mit dem Volume-Rad zu steuern, konnte ich nicht finden. Trotzdem kann man nur mit dem Scarlett 4i4 verschiedene Mixe für Artist und Producer realisieren!
Love is in the AIR
Das AIR-Feature der beiden Preamps hält neben einem sehr cleanen Grundsound noch zwei zusätzliche Geschmäcker bereit: einmal den klassischen AIR Presence Boost (Green) und, ganz neu, den Presence Boost mit Harmonics (Amber). Letzteren gibt’s nur bis zu 96 kHz, was von seinem digitalen Ursprung zeugt.
Übrigens: Auto-Level ermittelt über ein Zehn-Sekunden-Zeitfenster den optimalen Gain, die Safe-Funktion dreht den Gain runter, kurz bevor es clippen „könnte“. Das sind gute Dreingaben für Beginner, mir persönlich dauert Auto-Level zu lang und „safe“ bedeutet auch nicht zu 100% safe. Aber: Haben ist besser als brauchen.
Echter Direct-Monitoring-Mixer
Nochmal zu Sicherheit: Der Stereo-Line-Eingang 3/4 auf der Rückseite des 4i4 ist mit zwei TRS-Buchsen ausgestattet, die keine Preamp-Funktionalität mitbringen. Man kann diese aber auch mit beiden Preamps gemeinsam aufnehmen – und nicht nur „umschalten“ wie beim 2i2. Außerdem könnt ihr alle Eingänge auf alle Ausgänge „latenzfrei“ mischen.
Konkret kann man für die drei Stereo-Ausgänge – Main, 3/4 und Kopfhörer – auch drei Submixe namens A,B,C mit der Focusrite Control 2 Software erstellen. Je Mix lassen sich dann die vier Mono-Inputs im Panorama verteilen und mit den drei Stereo-Playbacks vom Rechner mischen. Loopback gibt es auch noch. Eine Umgehung der Software ohne Submixe ist genauso möglich.